Inflation fördert Mangelernährung und Wohnungslosigkeit

Beratungsstelle berichtet von dramatischen Schicksalen in der Teuerungskrise

Inflation fördert Mangelernährung und Wohnungslosigkeit

Dennis Riehle

„Manchmal habe ich das Gefühl, wir leben in einem Entwicklungsland!“ – Mit diesen drastischen Worten kommentiert der Leiter der Psychosozialen Sprechstunde, Dennis Riehle (Konstanz), seine Erfahrungen aus der ehrenamtlichen Beratung der vergangenen Monate und stellt unverhohlen fest: „Selbstverständlich gibt es auch bei uns Menschen, die sich keine drei Mahlzeiten am Tag leisten können und durch Inflation und Teuerung nicht mehr genügend Geld haben, um sich das Allernötigste zu beschaffen“. Riehle zeigt sich empört über manche Politikerphrasen: „Wenn Bundeskanzler Scholz davon spricht, dass wir zusammenhalten und uns unterhaken, dann ist das ein Schlag ins Gesicht von Millionen Bürgern, die aktuell in die Armut gerutscht sind und nicht einmal mehr wissen, wie sie die nächsten Wochen über die Runden kommen sollen. Von wegen „You“ll never walk alone“!“, meint Riehle.

Der 37-Jährige, der als Psychologischer, Sozial-, Familien- und Integrationsberater das Projekt der kostenlosen Mailberatung für alle ins Leben gerufen hat und derzeit rund 15 Anfragen von Hilfesuchenden täglich beantwortet, schildert drastische Beispiele: „Eine Rentnerin wohnt seit 60 Jahren in ihrer Mietwohnung. Nun kann sie die Strom- und Heizkosten nicht mehr zahlen und ihr droht die Kündigung im Alter von 85 Jahren. Aus lauter Verzweiflung will sie nun ins Pflegeheim gehen, obwohl sie eigentlich noch sehr rüstig ist und gerne selbstbestimmt weiterleben würde. Sie hat Sorge, dass sie in einer neuen Wohnung wiederum nur einige Woche zubringen könnte, weil man derzeit ja ohnehin nicht wisse, wie sich die Lage innerhalb des nächsten Monats entwickele. „Ich habe den Zweiten Weltkrieg erlebt – und das war schon wirklich schlimm. Aber jetzt? Soll ich nun in meinem Alter vielleicht in die Obdachlosigkeit gehen und kein Dach mehr über dem Kopf haben?“, fragte sie mich zu Recht und wirkte unheimlich verzweifelt. Oder eine alleinerziehende Mutter, die ihrem Kind und sich nur noch Essen aus Dosen und Tüten finanzieren könne und dabei nicht einmal auf 1000 – 1200 kcal am Tag komme. Das ist nach WHO-Grundsätzen eindeutig eine Mangelernährung und nur beschämend. Und der behinderte 45-Jährige, der erwerbsgemindert ist und Sozialhilfe erhält. Abzüglich der Nebenkosten, die teilweise auch den Regelsatz auffressen, bleiben für Kleidung – die er nur noch aus Second-Hand-Shops und gebraucht kaufen kann -, Lebensmittel und Hygieneartikel („Alle paar Monate eine neue Zahnbürste, Rasierschaum kann ich mir schon lange nicht mehr leisten!“) 220 Euro für die kommenden 30 Tage. Entspricht das dem garantierten Existenzminimum?“.

Riehle machen solche Darstellungen sprachlos: „Es ist kaum zu vermitteln, dass der Steuerzahler milliardenschwere Unternehmen retten soll – und wir offenbar gleichzeitig nicht in der Lage sind, jedem Mitglied unserer Gesellschaft die verfassungsmäßig garantierte Menschenwürde zukommen zu lassen“, echauffiert sich der Berater und fasst zusammen: „Die Zustände sind für eine Industrienation des Westens unhaltbar und verstoßen gegen jedwede Ethik und Moral, an der sich ein Wohlfahrtsstaat unserer Wirtschaftsleistung messen lassen muss“. Aus Sicht Riehles verschließe die „Ampel“-Koalition die Augen vor der Wirklichkeit und drücke sich damit vor den Realitäten des Alltags der Menschen und ihrer Familien, obwohl die Missstände offenkundig zum Himmel schreiten: „Es ist unter diesen Umständen kaum verwunderlich, dass pathologisch relevante Zukunftsängste und Sorgen, aber auch manifeste Depressionen um sich greifen. Ich werde mit so vielen Schicksalen konfrontiert, wie ich es in den 16 Jahren meiner Beratungstätigkeit nicht erlebt habe. Und es fällt schwer, Hoffnung zu machen. Denn während die Regierung immer neue Entlastungspakete für die untere Mittelschicht verkündet, sind es bei den wirklich Bedürftigen, die eigentlich nicht mehr tiefer abrutschen können, Tropfen auf den heißen Stein, die die prekäre Lage überhaupt nicht verbessern“, so Riehle abschließend.

Die Beratung ist für jeden Hilfesuchenden überregional unentgeltlich erreichbar: beratung@psychosoziale-sprechstunde.de.

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Den Wohlstandsverlust reduzieren

Investment-Experte Mario Lüddemann rät zum Kauf von Sachwerten

Den Wohlstandsverlust reduzieren

Mario Lüddemann rät zur Investition in Sachwerte, um den Verlust an Wohlstand zu reduzieren.

Aktienfonds seien gerade auch für Menschen mit geringerem Einkommen alternativlos, sagt Investment-Experte Mario Lüddemann. Der Buchautor und hochschulzertifizierte Managementtrainer möchte dazu motivieren, an der Börse zu investieren. „In Deutschland tun das im europaweiten Vergleich und auch im Vergleich mit den USA immer noch wenige“, sagt Lüddemann. Seiner Überzeugung nach zu wenige, um den Wohlstandverlust durch Inflation zu reduzieren.

Geldentwertung habe es schon immer gegeben, sie sei aber in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten vor 2021 stets um die ein oder zwei Prozent gependelt. Inzwischen haben wir allerdings ganz andere Zahlen. Ende 2021 bewegte sich die Inflation Richtung 5 Prozent, im Mai 2022 lag sie bei fast 8 Prozent. Lüddemann glaubt dabei nicht an ein vorübergehendes Phänomen: „Wir werden eine ganze Zeit lang ähnliche Werte sehen.“ Unter anderem liege das an den dauerhaft hohen Energiepreisen, gestörten Lieferketten und der Entwicklung in der Ukraine.

Der Finanz-Experte ist der Meinung, dass wir in den letzten Jahren „ein wenig über unsere Verhältnisse“ gelebt hätten, was sich nun räche. Beispielsweise seien Lebensmittel in Deutschland verglichen mit den meisten anderen europäischen Ländern eher billig gewesen. Jetzt ziehen die Preise an und die Verbraucher merken das deutlich – vor allem die mit geringerem Einkommen. „Wer wenig Geld zur Verfügung hat, leidet mehr als jemand mit viel Geld darunter, dass Dinge sehr viel teurer werden, auf die er nicht verzichten kann.“ Miete, Auto, Essen: Die Inflation sei nichts Theoretisches, sondern Tag für Tag zu spüren.

Sachwerte schützen
Neben den genannten Problemen schätzt Lüddemann auch den Fachkräftemangel als Inflationstreiber ein, denn der könne zu einer Lohn-Preis-Spirale führen. Menschen allerdings, die Kapital haben, seien weniger von der hohen Inflation tangiert, wobei Lüddemann einschränkt: „Das gilt nur, wenn sie ihr Geld in Sachwerten angelegt haben. Auf dem Konto schwindet die Kaufkraft dagegen rapide.“ Wer etwa Immobilien gekauft hat, profitierte in den letzten Jahren von einer Preisexplosion.

Obwohl Immobilien schon teuer seien, böten sie immer noch einen Inflationsschutz, meint Lüddemann. Dasselbe gelte für Rohstoffe wie Gold. Vor allem aber empfiehlt er, in den Aktienmarkt zu gehen – und das weniger mit Einzelaktien, die ein hohes Risiko haben, als mit Aktienfonds wie etwa ETFs, die einen großen Index wie den DAX abbilden. Das sei auch für Menschen mit geringen Rücklagen und Einkommen möglich. „Und für die ist es fast noch wichtiger als für die Vermögenden“, sagt Lüddemann, „denn sie leiden wie gesagt mehr unter dem Kaufkraftverlust.“

1996 startete Mario Lüddemann als privater Börsenhändler im deutschen Aktienmarkt mit 5.000 DM Startkapital und erreichte bereits 2001 eine Million Gewinn als Daytrader an den deutschen Finanzmärkten. Seit 1996 setzte der Börsen-Profi über 60.000 Trades um mit einem Handelsvolumen von mehr als einer Milliarde Euro. Heute ist Mario Lüddemann finanziell unabhängig und selbstständig tätig als Portfoliomanager, Finanzanalyst sowie Buchautor und hochschulzertifizierter Managementtrainer. Er ist einer der bekanntesten Trading- und Investment-Experten in Deutschland.

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